Mutmaßungen über das plastische Werk von Gino Pinto
Der Name Gino Pinto verbindet sich für mich zunächst und ganz spontan mit seinen plastischen Materialensembles.
Hier finden sich in unterschiedlicher Größe gestisch agierende Skulpturen die sich recken, weiten, greifen wollen. Natürlich springt zunächst der Collagecharakter des Objekts ins Auge. Der Künstler muss über einen umfangreichen Fundus an Gegenständen aller Art verfügen. Technische Elemente aus dem Elektrischen, Motorischen ebenso wie die Gartenegge oder der schlichte Hammer.
Wir erleben also wie eine simple Schere, von GP in ihrer kraftvoll-anthropomorphen Gestalt entdeckt, auf einer auf einem Hammer gegründeten hölzernen Wolke sich reckend, dem Betrachter (oder dem Himmel) ein geheimnisvolles Symbol entgegenstreckt; welches wiederum bei näherer Betrachtung sich als abgewetztes, aber nun mit einem leuchtend blauen Steine geadeltes Schleifrädchen erweist.
Der Hammer wiederum taucht als Basis (Schwerpunkt) in einer weiteren Plastik auf. Auch hier reckt sich etwas wie mahnend in die Höhe. Der im Hammerkopf versenkte Hammerstiel dient als Basis, oder Wachstums Grund einer ans menschliche erinnernden Gestalt. Gegürtet mit einer Schraubschelle zeigt sich hier die geöffnete, mysteriös-mechanisch schimmernde Brust eines Propheten, Künders, Agitators, der die der Welt des Bohrens entnommenen Arme vielsagend zwischen Himmel und Erde spannt. Der Kopf aus hellem Holze, auch er wohl einst ein Werkzeuggriff, ist mit feinen, physiognomisch wirkenden Elementen besetzt, die ihm den Ausdruck rhetorischer Konzentration und Entschlossenheit verleihen. Das Pathos eines Technokraten vielleicht, der sich in seiner grundsätzlichen Bewegungsrichtung, auf schweres Metall, den Hammer gegründet weiß, der aber eigentlich ein Panzerkreuzer ist…. Apotheose vielleicht des Neuen Menschen an der Grenze zum Humanoiden? Beide Objekte changieren zwischen Raoul Hausmann und sowjetischem Realismus.
Die Scherenplastik könnte ebenso ein Spartakiade-Ehrenpreis sein, wie das Modell für eine überdimensionale Sportheldenskulptur. Auch hier die richtunggebende Schiffsartige Grundform.
Von Gleichem Charme die lässig in der Ecke sich auf langen Zangenbeinen Reckende mit den leuchtend goldnen Brüsten. Auch hier zeigt sich die sichere Wahl der Elemente, die der Gesamtgestalt eine surreale Kraft verleiht. Der Blick changiert zwischen der organischen Form der Komposition und den als technisch identifizierbaren Einzelelementen. Ein Spiel, das immer neue Entdeckungen möglich macht, die wiederum in erneuter, beiläufiger Distanz zu einem Ganzen geronnen, das Erlebnis von Magie ermöglichen.
Bernward Herkenrath
Schloss Nettlingen, der 9. Jan. 2008